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Zahlen lügen nicht

Der SWB-Geschäftsführer Andreas Timmerkamp verabschiedet sich Ende März. Seit 40 Jahren ist Andreas Timmerkamp bei der SWB beschäftigt. In diesen Jahren war er maßgeblich daran beteiligt, die Entwicklung der SWB voranzutreiben, sie zu ihrer heutigen wirtschaftlichen Stabilität zu führen. Die letzten sechs Jahre führte der 64-Jährige die Wohnungsbaugesellschaft als Geschäftsführer durch herausfordernde Zeiten, die unter anderem durch die Corona-Krise, den Ukraine-Krieg und der damit einhergehenden Krise in der Bauwirtschaft erschwert wurden. Den Kopf buchstäblich in den Sand zu stecken, war dabei für ihn nie eine Option. Im kommenden April übergibt er die Geschäftsführung der SWB an seine beiden derzeitigen Prokuristen, Sven Glocker und Oliver Ahrweiler. Wir sprachen mit ihm über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.

Was hat Sie motiviert, Ihren Werdegang in der Wohnungswirtschaft zu starten?
Andreas Timmerkamp: Die Wahl des Berufes war eher Zufall. Nach Beendigung meiner schulischen Laufbahn im Jahre 1976 bin ich auf der Suche nach einer Lehrstelle bei der Krupp Wohnungsbau gGmbH gelandet. Nach erfolgreichem Abschluss meiner Ausbildung wurde ich im Rechnungswesen der Gesellschaft übernommen, dort entdeckte ich meine hohe Affinität zu Zahlen. So war es auch keine Überraschung, dass ich im Oktober 1983 kurzerhand bei der SWB ein Stellenangebot mit den Schwerpunkten Mietenkalkulation und Wohnraumförderung annahm.

Wie ist Ihr Werdegang bei der SWB verlaufen?
Die neue Stelle war im Rechnungswesen angesiedelt, wo ich mich ständig weiterentwickeln konnte. Ende der 80er Jahre erhielt ich die Chance, zunächst stellvertretender Abteilungsleiter im Rechnungswesen zu werden und ab 1993 auch meine eigene Abteilung, die Wohnungswirtschaft, zu leiten. 

Haben Sie nie geplant, den Arbeitgeber zu wechseln?
In den 90er Jahren kam der Aufruf, sich am Aufbau Ost zu beteiligen. Die SWB erwarb dort die eine Baufirma, die ich 1998/99 zusätzlich als Geschäftsführer geleitet habe. Es war spannend, mal die andere Seite, die Bauwirtschaft, kennenzulernen, insbesondere unter den völlig fremden Bedingungen. Nach einiger Zeit konnten meine Familie und ich uns vorstellen, dort zu bleiben. SWB-interne Gründe hielten mich letztlich in Mülheim fest. Als später der Zeitpunkt kam, an dem ich erneut über einen Abschied von der SWB nachdachte, wurde mir überraschend vorgeschlagen, Kaufmännischer Leiter mit Prokura zu werden – wieder mit komplett neuen Aufgabenstellungen. Das war ein toller Job mit spannenden Aufgaben, da konnte ich nicht nein sagen. 

Was hat sich im Laufe der Jahrzehnte bei der SWB und in der Branche verändert?
Alles. Bis 1990 gab es ja noch die Gemeinnützigkeit in der Wohnungswirtschaft. Das Verhältnis zwischen den Wohnungsbaugesellschaften und ihren Kunden war ein ganz anderes. Das musste sich nach dem Wegfall der Gemeinnützigkeit radikal ändern. Ziel war ein moderner Dienstleister rund um das Thema Wohnen, bei dem der Kunde im Mittelpunkt steht. Das war gut so, es erforderte aber auch ein Umdenken innerhalb der Unternehmen, natürlich auch der SWB. Wir mussten alle lernen, dass ein Dienstleistungsbetrieb sich laufend mit verändertem Kundenverhalten befassen muss, das gab es in dieser Form lange Zeit nicht. Da waren die Menschen froh, ein Dach über dem Kopf zu haben und gut war es. Die Ansprüche ans Wohnen haben sich immer schneller und vielfältiger weiterentwickelt. Die damit verbundenen, neuen Aufgaben erfordern von unseren Mitarbeitenden ein hohes Maß an Flexibilität, wodurch aber auch die Attraktivität der Arbeitsplätze deutlich gesteigert wurde.
 
Wie haben Sie die 40 Jahre bei der SWB verändert?
Ich bin selbstbewusster geworden. Und ich habe mit dem zeitlichen Abstand eine andere Sicht auf viele Dinge bekommen. Wie oft habe ich mich über den damaligen Geschäftsführer Horst van Emmerich geärgert, der seinen Mitarbeitern alles abverlangt hat. Heute sehe ich, was ich alles von ihm gelernt habe. Unter anderem das Motto: „Verlange nie mehr von deinen Mitarbeitern, als du selbst bereit bist zu geben“. Helmut Driskes wiederum hat mich sensibilisiert für die Bedeutung der sozialen Komponenten: unsere Aufgaben bewältigen wir nur mit einer funktionierenden Mannschaft. Auf das Miteinander kommt es an. Nehmen wir noch Robert Kunz, der Verfechter unternehmensinterner Strukturen, gleichwohl zukunftsorientiert aufgestellt. Ich habe jetzt nur einige genannt, Tatsache ist aber, dass ich von allen viel gelernt habe.  Letztendlich habe ich SWB sehr viel zu verdanken. In all den Jahren habe ich stets die faire Chance bekommen, mich in unterschiedlichen Aufgaben und Positionen zu bewähren. Ich gehe aber mit dem Selbstverständnis, SWB nichts schuldig geblieben zu sein, da ich stets mit großer Freude und höchstem Engagement bei der Sache war.

Was war die beste Entscheidung für Sie, die Sie getroffen haben?
Im Jahr 1984 meine Frau Sylvia geheiratet zu haben. Ohne sie wäre eine derartige berufliche Entwicklung nicht möglich gewesen; sie hat mir stets den Rücken freigehalten und mir vertraut.

Gibt es eine Entscheidung, die Sie bereut haben?
Natürlich, niemand ist unfehlbar. Aber das gehört nun mal zum unternehmerischen Risiko. Aber den Mut zu haben, mit einer Entscheidung falsch zu liegen, ist doch immer noch besser, als keine zu treffen. Der Vorteil: Aus falschen Entscheidungen kann man lernen, wenn man will.   

Was waren die Höhepunkte Ihres Berufslebens?
Da gab es viele. Einer war sicherlich, dass wir in den letzten 20 Jahren aus einem angeschlagenen Unternehmen einen modernen Dienstleister geformt haben, der interessante und sichere Arbeitsplätze bietet und betriebswirtschaftlich gut dasteht. So konnten wir recht entspannt mit den Auswirkungen von Corona umgehen. Im Gegenteil, wir haben die SWB intern umgekrempelt und große Fortschritte beim Thema Digitalisierung gemacht. Gleichzeitig ermöglicht uns der wirtschaftliche Erfolg den kontinuierlichen Ausbau unseres sozialen Engagements. 
Unsere Bauprojekte in den 40 Jahren waren ebenfalls äußerst spannend und innovativ. Sowohl in der Modernisierung als auch im Neubau waren da herausragende Baumaßnahmen bei. Die Wirtschaftsgebäude des Klosters Saarn, das ehemalige Feierabendhaus Tilsiter Straße oder das Saarn Center, die Entwicklung der Luxemburger Allee oder die Maßnahmen in Heißen und in Dümpten. Denken wir an den Rückbau von vier Etagen des Hochhauses am Bottenbruch und die damit verbundene positive Auswirkung auf das Quartier. Mit diesem Projekt sind wir wieder mit einem ganzheitlichen Blick in die Quartiersentwicklung eingestiegen. Auch die Sanierung des Historischen Rathauses mit den Problemen, die Finanzierung in Zeiten der Bankenkrise auf die Beine zu stellen, war schon bemerkenswert. Insgesamt bleibt aber festzuhalten, dass jede Zeit persönliche Erfolgserlebnisse mit sich brachte aber auch Rückschläge. So ist das nun mal und auch das ist nicht tragisch, denn es lehrt uns Demut. 

Wie haben Sie mit der SWB als kommunalen Tochter die Zusammenarbeit mit der Stadt erlebt?
Die Stadt ist immer fair mit uns umgegangen und hat nie von uns ein Engagement erwartet, das nicht wirtschaftlich für uns gewesen wäre. Es war immer ein Miteinander auf Augenhöhe. Entscheidend dabei ist Offenheit und Transparenz gegenüber den Gremien. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ein begründetes „Nein“ zwar nicht alle immer gut finden, es aber im Sinne der SWB akzeptieren. Ein Beispiel: Die Stadt hat sich aus guten Gründen die Klimaneutralität 2035 auf die Fahnen geschrieben. Das ist ihr gutes Recht und nachvollziehbar. SWB hat aber von Beginn an den Standpunkt vertreten, dass dies für ihre Bestände nicht umsetzbar sei, obwohl wir schon energetisch deutlich besser dastehen als der Durchschnitt unseres Landes. Begründung: Die erforderlichen Investitionen sind bis 2035 weder umsetzbar noch finanzierbar.   

Was ist eine der großen Herausforderungen dieser Zeit?
Neben dem Klimaschutz sind auf jeden Fall die Entwicklung der Baukosten ein großes Thema, da sie zurzeit eine Höhe erreichen, die die Wirtschaftlichkeit der Projekte in Frage stellt. Deshalb haben wir in den vergangenen zwei Jahren nur bereits laufende Projekte beendet. Aber seit diesem Jahr planen wir wieder neue, öffentlich geförderte Projekte, um den Klimaschutzanforderungen und dem Wohnraumbedarf gerecht zu werden und langfristig modernen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Dies zu erreichen heißt, neue Wege zu beschreiten. Daher sind Themen wie serielles Bauen sowohl im Neubau als auch der Modernisierung, Holzbauweise, regenerative Energiemodelle bereits in unsere Mittelfristplanung eingeflossen. Mittel- bis langfristig erhoffen wir uns noch einen großen Sprung durch die kommunale Wärmeplanung.

Die letzten drei Geschäftsführer-Jahre hatten es in sich. Corona-Pandemie, Lieferkettenengpässe, veränderte Förderkulisse, Klimaschutzanforderungen, gestiegene Baukosten, gestiegene Zinsen. Wie hat das einen Mann der Zahlen umgetrieben?
Erlauben Sie mir ein Zitat: „Gott gibt uns die Nüsse aber knacken müssen wir sie selbst“. In schwierigen Zeiten macht es wenig Sinn, sich hinter dem Ofen zu verstecken. Wir brauchen Mut zum unternehmerischen Risiko. Wir haben dafür bisher auch die Unterstützung unserer Aufsichtsgremien und insbesondere unserer Belegschaft erhalten. Gerade in komplizierteren Zeiten zeichnen sich unsere Mitarbeiter und Mitarbeite-rinnen durch ihr hohes Engagement und Verständnis besonders aus und treten einmal mehr den Beweis an, dass sie das Fundament des Unternehmens sind.

Was wollen Sie den Mitarbeitern mit auf den Weg geben?
Sie sollen sich mehr trauen. Wir müssen viele Prozesse digitalisieren, das bringt aber auch die große Chance, seinen Arbeitsplatz weiterzuentwickeln und interessant zu gestalten.  Die Nachwuchskräfte sollten die Erfahrung der älteren Mitarbeiter schätzen. Diese wiederum müssen akzeptieren, dass die junge Generation es anders, aber trotzdem richtig machen kann. Trauen Sie sich, etwas zu verändern und suchen Sie den Dialog. Haben Sie den Mut, auch mal zu fallen, und lernen Sie wieder aufzustehen. 

Welche Herausforderungen sehen Sie in der Zukunft für die SWB?
Bis 2045 klimaneutral zu werden. Das ist eine große Herausforderung in Bezug auf den Zeitfaktor, die Manpower und die Kosten in Höhe von rund 300 Millionen Euro. Ein zweites großes Thema ist der Fachkräftemangel und die daraus resultierende Weiterentwicklung der Arbeitsplätze. Wir müssen uns so aufstellen, dass wir, wenn die Babyboomer in Rente gehen, auch mit weniger Mitarbeitern gleiche oder bessere Ergebnisse erzielen können. Und bei allen eingeräumten Freiheiten müssen die Mitarbeiter und die Vorgesetzten verstehen, dass klare, unmissverständliche Strukturen keine Maßregelung oder Einengung darstellen. Das Gesetz nur kann uns Freiheit geben. Demokratie ohne Gesetz funktioniert nicht. Das stellt vielfach für alle Beteiligten einen großen Spagat dar, muss aber letztlich von der Führungsmannschaft vorgegeben und gelebt werden. Zur Bewältigung dieser komplexen Herausforderungen wünsche ich meinen Nachfolgern Oliver Ahrweiler und Sven Glocker viel Erfolg. Weitsicht, Mut und Entschlossenheit sind das Fundament einer erfolgreichen Unternehmensentwicklung und natürlich stets ein glückliches Händchen.

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