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Frisch vom Feld auf den Tisch

An diesem Tag regnet es. Ein Wetter, bei dem viele zu Hause bleiben. Für Johannes Dabringhausen kein Problem. Auf dem Weg zum Gewächshaus, in dem unser Gespräch stattfindet, ignoriert er den Regen, rückt hier eine Plane gerade oder zupft da etwas Verwelktes heraus. Arbeiten bei Wind und Wetter ist der Mitbegründer der Solidarischen Land-wirtschaft Mülheim gewöhnt.

Johannes Dabringhausen ist studierter Agrarwissenschaftler. Schon im Studium war er Teil einer Solawi in Bonn. „In Mülheim fehlte so ein Angebot“. Ein Konzept mit einer anderen Form von Landwirtschaft schwebte ihm vor und dem Ziel, Menschen vor Ort mit frischem Gemüse zu versorgen – und das auf solidarische Weise, so dass es sich auch Menschen leisten können, die sonst kein Biogemüse kaufen können. 2021 pachtete Dabringhausen von einem Bauern in Mintard einen halben Hektar Land, auf dem er ein Selbsternteprojekt startete. Hier betreibt er mit den Gärtnern der Solawi bis heute als Nebenprojekt den Selbsternteacker, auf dem Interessierte ein Stück Feld anmieten können, auf dem schon vorgepflanztes Gemüse selbst gepflegt und geerntet werden kann.

Schon im ersten Jahr der Selbsternte fanden sich im Freundeskreis mehrere Gleichgesinnte, die von dem Thema Solawi begeistert waren – das Gemeinschafts-Projekt wurde aus der Taufe gehoben. Im Dezember 2021 wurde offiziell der Verein „Solidarische Landwirtschaft Mülheim e.V.“ gegründet. Auf einem Teil des Selbsternteackers wurde zunächst eine kleine Probe-Solawi mit rund 30 Anteilen und einem Freiluftanbau gestartet.

Die Solawi finanziert sich durch Ernteanteile: Jeder kann sich durch einen jährlichen Anteil, der entweder monatlich oder im Ganzen gezahlt wird, Anteile an der Jahresernte sichern. Der Verein kauft mit diesen Anteilen das Gemüse der Gärtner, die sich um Aussaat, Pflege und Ernte kümmern. Durch die Anteile kann die Ernte vorfinanziert und alle Kosten gedeckt werden. Diese Planungssicherheit erlaubt den drei hauptberuflichen Gärtnern des Anbauteams, das aus Johannes Dabringhausen, Johanna Behl und Alena Schüren besteht, mehr Freiheit für schonende Anbaumetoden. Zur Erntezeit kann man sich dann wöchentlich seinen Anteil an Bio-Gemüse abholen. Das Gemüse kommt nicht mehr auf den Markt, sondern landet frisch vom Feld auf dem Tisch der Anteilnehmenden. Blumen - optional in den Anteilen oder zum Selbstpflücken - sollen künftig ebenfalls angeboten werden.

„Die Probe-Solawi hat uns sehr geholfen einzuschätzen, ob das Ganze funktioniert, ob wir uns das als hauptberufliche Perspektive vorstellen konnten und um ein Gefühl zu bekommen, wie hoch der Organisationsaufwand und das Interesse ist“, blickt Vorstandsmitglied Hans Kühnl zurück. Im Herbst 2022 brachte eine Crowd-Funding-Aktion 27.000 Euro, mit denen die Startfinanzierung gedeckt werden konnte. 

"Wir sind mehr als eine Abo-Kiste"

In diesem Jahr ist die Solawi dann richtig durchgestartet, 120 Anteile wurden für die Ernte 2023 vergeben. Zusätzlich zum Feld in Mintard konnte ein zweites Anbaugebiet am Eumannshof in Dümpten gepachtet werden. Hier können auch die wöchentlichen Gemüsekisten abgeholt werden. Wem der Weg zu weit ist, der kann sich mit anderen Anteilnehmenden zusammenschließen und die Abholung im Wechsel oder über Abholpunkte organisieren.

„Wir sind aber viel mehr als eine Abo-Kiste“, betont Johannes Dabringhausen. Während das Anbau-Team sich um die Landwirtschaft kümmert, leistet der Verein Wissensvermittlung zu Themen rund um Ernährung, Nachhaltigkeit und Landwirtschaft in Form von Workshops und Infoabenden, unter anderem im SWB-Quartierspunkt in Dümpten, oder Schulkooperationen. Einige Vereinsmitglieder bilden ein „Gurkentruppe“, die zur Erntezeit Gurken einlegt, um sie im Winter allen Anteilnehmenden zur Verfügung zu stellen.

Der Solidaritätsgedanke ist eine wichtige Motivation für jeden, der sich in dem Projekt engagiert. Manche Anteilnehmende helfen hier in Form von vertraglich vereinbarten Mithilfestunden zusätzlich ehrenamtlich mit. Hier liegt der Richtwert bei einer Stunde im Monat. Auch andere ehrenamtliche Helfer oder auch Vereinsmitglieder sind jederzeit willkommen. Angebaut wird mit Bio-Standard und sehr viel Handarbeit, es werden kaum schwere Maschinen eingesetzt, um den Boden nicht zu verdichten. Man versucht, sich der klimapositiven und regenerativen Landwirtschaft zu nähern.

Der finanzielle Anteil für eine wöchentliche Gemüse-Kiste kann sich von Jahr zu Jahr verändern. Zum Ende des Jahres wird das kommende Ernte-Jahr geplant und kalkuliert. Im Januar steht fest, was das gesamte Jahr kosten wird und wie teuer es für den einzelnen Anteilnehmer wird. 2023 waren es 119 Euro monatlich. In 2024 werden es 120 Euro sein.

Dann wird eine Beitragsrunde eröffnet. Jeder kann die Summe nennen, die er monatlich aufbringen kann. So lag die Spanne in diesem Jahr zwischen 55 und 180 Euro. Erst, wenn die Summe aller Anteile die Gesamtkosten deckt, geht das Solawi-Team in die Erntesaison. Manche Anteilnehmende geben eine höhere Summe an und gleichen damit die Anteile derjenigen aus, die weniger zahlen können. Es können sich auch zwei oder mehrere Personen einen Anteil – und damit auch die Gemüsekiste – teilen, da sie auf einen Haushalt für zwei bis drei Personen kalkuliert ist. Angebaut werden rund 60 verschiedene Sorten an Gemüse und einige Obstsorten.

Schon im Herbst werden die nun 200 Anteile für das kommende Jahr vergeben. Schon im Herbst werden die nun 200 Anteile für das kommende Jahr vergeben. Da in der Beitragsrunde Mitte November nicht alle Anteile vergeben wurden, können Interessenten nun noch die letzten Anteile für das kommende Jahr zum monatlichen Betrag von 129 Euro erwerben. Die Anmeldung ist hier möglich
 

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